Holographie
Am Lehrstuhl für Photonik und Terahertztechnologie werden zwei holographische Verfahren zur topographischen Vermessung von Objekten angewendet: die photorefraktive Holographie und die digitale Holographie.
Funktionsprinzip der Holographie
Bei der Holographie überlagern sich zwei kohärente Strahlen in einem holographischen Material und bilden ein Interferenzmuster aus, welches als Hologramm bezeichnet wird. Wenn einer der Strahlen vorher an einem Objekt reflektiert wurde, so trägt dieser Strahl - genannt Objektstrahl - die topografische Information des Objektes. Wird er mit einem ungebeugten Strahl - dem Referenzstrahl - überlagert, wird in dem sich ergebenden Hologramm die Objektinformation gespeichert (Abbildung 1a). Die Information kann wieder gewonnen werden, indem der Referenzstrahl das Hologramm erneut bescheint und am Hologramm so gebeugt wird, dass der Objektstrahl wieder erzeugt wird (Abbildung 1b).
Abbildung 1a: Schreiben eines Hologramms, O = Objektstrahl, R= Referenzstrahl.
Abbildung 1b: Lesen eines Hologramms, RO = rekonstruierter Objektstrahl, R = Referenzstrahl
Photorefraktive Holographie
Als holographisches Material wird bei diesem Verfahren ein photorefraktiver Kristall verwendet. Durch eine breitbandige Lichtquelle kann die komplette Tiefeninformation mit nur einem Schuss in verschiedenen Hologrammen in dem photorefraktiven Kristall gespeichert werden [1,2]. Durch eine Auswertung über alle spektralen Komponenten, die mit der der optischen Kohärenztomographie verwandt ist, ist es möglich im Anschluss die Tiefeninformationen aus den gespeicherten Hologrammen zu gewinnen. Die laterale Auflösung liegt dabei durch die Größe der Pixel und verwendeten Optiken im µm-Bereich. Die axiale Auflösung ist abhängig von der Anzahl der Wellenlängenkomponenten und ist zurzeit im 100 µm Bereich zu realisieren. Ein Beispiel einer Probe mit Fotographie und Tiefeninformation ist in Abbildungen 2a-2b gegeben.
Abbildung 2a: Fotographie der Probe
Abbildung 2b: Tiefeninformation der Probe
Digitale Holographie
Bei der digitalen Holographie wird kein holographisches Material zum Speichern des Hologramms verwendet, sondern eine CCD- oder CMOS-Kamera. Der prinzipielle Aufbau ist in Abbildung 3a gezeigt.
Abbildung 3a: Aufbau zur digitalen Holographie, O = Objektstrahl, R= Referenzstrahl
Um die Objektinformation zu erhalten, werden Amplitude und Phase des Objektstrahls aus dem Hologramm numerisch rekonstruiert. Dabei kann eine laterale Auflösung - begrenzt durch die Pixelgröße des CCD chips und der verwendeten Optiken - von mehreren µm erreicht werden. Eine axiale Auflösung ist im 10 nm-Bereich erreichbar. Eine Rekonstruktion eines Bond-Pads einer MOEMS Struktur (Abbildung 3b) ist in Abbildung 3c zu sehen.
Abbildung 3b: Bond-Pad
Abbildung 3c: Rekonstruierte Bond-Pads
Digitale holographische Mikroskopie
Durch das Hinzufügen eines Mikroskopobjektivs kann sowohl die laterale als auch die axiale Auflösung verbessert werden. Außerdem können numerische Amplituden- und Phasenfilter auf den Datensatz angewendet werden, so dass verschiedene Filtereffekte wie zum Beispiel die Dunkelfeldmikroskopie ohne das Hinzufügen von mechanischen Komponenten numerisch realisiert werden können. Ein typischer digital holographischer Mikroskopieaufbau ist in Abbildung 4 gezeigt.
Abbildung 4: Digitale holographische Mikroskopie, O = Objektstrahl, R = Referenzstrahl, MO = Mikroskopobjektiv
In Abbildung 5a und 5b ist links die Amplitudenrekonstruktion und rechts die Phasenrekonstruktion eines USAF Testcharts dargestellt.
Abbildung 5a: Amplitudenrekonstruktion
Abbildung 5b: Phasenrekonstruktion
Mit Hilfe der Phase kann die Höhenstruktur des zu vermessenden Objektes dargestellt werden. Eine dreidimensionale Darstellung des Testcharts ist in Abbildung 6 zu sehen. Es können Höhenstrukturen zwischen ca. 10 nm und 400 nm rekonstruiert werden. Lateral ist die Auflösung kleiner als 2 µm.
Abbildung 6: 3-dimensionale Rekonstruktion des Testchart
Dual-wavelength scanning
Objekte, die größere Höhenunterschiede besitzen, können mit Hilfe des Dual-wavelength scannings dargestellt werden. Bei diesem Verfahren werden zwei digitale Hologramme mit unterschiedlicher Wellenlänge aufgenommen und ihre berechneten Phasen voneinander subtrahiert. Die sich ergebenden Phasendaten stellen die Phasendaten einer größeren synthetisierten Wellenlänge dar, durch die man höhere Strukturen rekonstruieren kann. Abbildung 7 zeigt die Rekonstruktion von 200 µm hohen Metallstufen, die mit zwei Hologrammen der Wellenlängen 833 und 834 nm aufgenommen wurden.
Abbildung 7: 3-dimensionale Rekonstruktion einer Stufenprobe mit Dual-wavelength scanning
Übersicht der Auflösung holographischer Verfahren
Verfahren | Bildbereich | laterale Auflösung | axiale Auflösung (Minimun) | axiale Auflösung (Maximum) |
Photorefraktive Holographie | bis 25 mm² | Beschränkung durch Pixelgröße | 200 µm | 1,5 mm |
Digitale Holographie | bis 25 mm² | Beschränkung durch Pixelgröße | 30 nm | 420 nm |
Digitale holographische Mikroskopie | 10 mm² bis 0,1 mm² | bis 1µm | 10 nm | 420 nm |
Dual-wavelength scanning | bis 25 mm² | bis 1 µm | 450 nm bis 3,5 µm | 9 µm bis 70 µm |
Referenz:
- [1] Koukourakis, N., Kasseck, C., Rytz, D., Gerhardt, N. C., & Hofmann, M. R. (2009). Single-shot holography for depth resolved three dimensional imaging. Optics Express, 17(23), 21015-21029.
- [2] D. Grosse, N. Koukourakis, N. C. Gerhardt, T. Schlauch, J. C. Balzer, A. Klehr, G. Erbert, G. Tränkle, and M. R. Hofmann, “Single-shot holography with colliding pulse mode-locked lasers as light source,” in Proceedings of the International Quantum Electronics Conference and Conference on Lasers and Electro-Optics Pacific Rim 2011, (Optical Society of America, 2011), paper C835.
Selbstreferenzierende Digitale Holographische Mikroskopie
Viele typische holographische Mikroskope erzeugen die Überlagerung aus Objektstrahl und Referenzstrahl in Interferometrie-Aufbauten, in denen die beiden Strahlen auf unterschiedlichen Pfaden verlaufen. Die hohe Sensitivität, die auf der einen Seite den Vorteil der hohen Phasenauflösung bietet, sorgt auf der anderen Seite für eine hohe Empfindlichkeit für äußere Störeinflusse, wie z. B. thermische Veränderungen oder mechanische Vibrationen.
Ein Interferometer, dass diese Stabilitätsanforderungen teilweise umgeht, ist das selbstreferenzierende Common-Path-Interferometer. Anstelle getrennter Objekt- und Referenzstrahlen wird hier die Referenz unmittelbar aus dem Objektstrahl gewonnen. Zu diesem Zweck wird ein Objektstrahl in mehrere Ordnungen aufgeteilt. Nachdem aus einer der Ordnungen durch räumliche Filterung die Referenz erzeugt wird, wird sie mit einer weiteren, ungefilterten, Ordnung überlagert, wodurch das Hologramm entsteht. Durch einen Winkelunterschied zwischen den beiden Strahlen (sog. Off-axis) werden Probleme in der Rekonstruktion, wie z.B. das Doppelbildproblem, umgangen. Da Objekt und Referenz aus derselben Quelle stammen und entlang des gleichen optischen Weges verlaufen, wirken äußere Störeinflüsse in gleicher Form auf beide Strahlen ein, sodass sie relativ zueinander keine Verschiebung erleiden und in Relation zueinander stabil bleiben. Zudem haben Variationen der Probenpositionen keinen nennenswerten Einfluss auf die Phasenstabilität, da sowohl Objekt als auch Referenz aus derselben Objektwellenfront gewonnen werden. Dieses Konzept der Selbstreferenzierung bringt enorme Senkungen der Stabilitätsanforderungen mit sich. Dadurch eignen sich diese Systeme nicht nur ideal zur Online Überwachung von Proben und Prozessen (Online-Monitoring), sondern auch zur Untersuchung vergrabener Strukturen [3,4].
Referenz:
- [3]: Finkeldey, M., Göring, L., Brenner, C., Hofmann, M., & Gerhardt, N. C. (2017). Depth-filtering in common-path digital holographic microscopy. Optics Express, 25(16), 19398-19407.
- [4]: Neutsch, K., Schnitzler, L., Sun, J., Tranelis, M. J., Hofmann, M. R., & Gerhardt, N. C. (2020, February). In-depth particle localization with common-path digital holographic microscopy. In Practical Holography XXXIV: Displays, Materials, and Applications (Vol. 11306, p. 113060A). International Society for Optics and Photonics
Digitale Holographie unter Verwendung eines Lloydschen Spiegels
Aufbauend auf dem Konzept der selbstreferenzierenden Interferometer siedelt sich eine interferometrische Technik an, die auf dem sogenannten "Lloydschen Spiegel" basiert. Anstelle der Teilung eines Bildstrahls zur Erzeugung einer Referenz, wie beim Common-Path Interferometer, bleibt bei diesem Interferometer der Bildstrahl ungeteilt. Stattdessen wird die Probe so angeordnet, dass die Strukturen auf der Probe nur eine Hälfte des Bildstrahls beeinflussen (Objekt). Die andere Hälfte des Bildstrahls bleibt von den Strukturen unbeeinflusst und wird als Referenz verwendet. Zur Überlagerung dieser beiden Teile des Bildstrahls wird ein Spiegel eingesetzt, der die eine Hälfte in die andere hinein "faltet" und so die gewünschte Interferenz aus Objekt und Referenz erzeugt. Dieses Hologramm ist anschließend wie jedes andere Off-axis-Hologramm rekonstruierbar und bietet Amplituden- sowie Phaseninformationen der Probe.
Aufgrund ihrer Bildgebungseigenschaften sowie der hohen Phasensensitivität eignen sich diese holographischen Systeme ideal für die Detektion sehr kleiner Partikel. Dies ist für verschiedene Anwendung sehr interessant, beispielsweise der optischen Authentifizierung in der IT-Sicherheit (optische PUFs), der biomedizinischen Bildgebung, der Störstellendetektion in der Produktion sowie in der Abgasuntersuchung.
Referenz:
- [5]: Neutsch, K., Schnitzler, L., Kleemann, N., Hofmann, M., & Gerhardt, N. C. (2019, October) "Holographic imaging of particles using Lloyd’s mirror configuration". Face2Phase II, Delft, the Netherlands
- [siehe auch]: Chhaniwal, V., Singh, A. S., Leitgeb, R. A., Javidi, B., & Anand, A. (2012). Quantitative phase-contrast imaging with compact digital holographic microscope employing Lloyd’s mirror. Optics Letters, 37(24), 5127-5129
Digitale holographische Bildgebung in Transmissionsgeometrie mittels einem modifizierten Mach-Zehnder-Interferometer mit universaler Verzögerungsstrecke
Für eine Vielzahl von Anwendungen wird die Untersuchung von Proben in der Transmissionsgeometrie bevorzugt. Mit Blick auf Universalität und Flexibilität bleibt ein Mach-Zehnder-Interferometer in solchen Fällen eine häufig verwendete Option. Letzteres ist ein klassisches Zweistrahlinterferometersystem und leidet üblicherweise unter seiner hohen Empfindlichkeit zum Umgebungsrauschen im Vergleich zu den Common-Path-Lösungen. Um von der Mach-Zehnder-Geometrie zu profitieren und gleichzeitig das Stabilitätsproblem anzugehen, kann die Grundkonfiguration geändert werden: jeder der Eckspiegel kann durch ein Michelson-ähnlichen Zusatz aus einem Strahlteiler und einem Spiegel ersetzt werden [6]. Eine solche Lösung ist in Abb. 11 schematisch dargestellt (angepasst aus [6]). Hierdurch erhält das System eine stabile Leistung [7] mit einer Phasengenauigkeit von nur 0,69° [6], wobei das Instrument die Untersuchung verschiedener Proben hinsichtlich ihrer optischen Dicke ermöglicht. Die Abbildungsoptik im Probenbereich lässt sich einfach wechseln und kompensieren. Beispiele für Anwendungen eines solchen Systems sind die hochauflösende Abbildung räumlich begrenzter Strukturen [6], die Tiefenzuordnung der Partikel im Mikrometerbereich [8], die Online-Überwachung der Brechungsindexentwicklung während photochemischer Reaktionen [9], die Abbildung der Ladungsträgerkonzentrationen in Halbleiterproben [10] und viele andere.
Abb. 11. Schematische Darstellung des modifizierten Mach-Zehnder-Interferometer mit universaler Verzögerungsstrecke: 1 – Quelle zur Bildgebung/Abfrage, 2 –einmodige optische Faser, 3 – Kollimator, 4,6,8 und 10 – Strahlteiler, 5 – optionale Neutralfilter, 7 und 9 – Spiegel, 11 –Kamera.
Referenz:
- [6] V.R. Besaga, A.V. Saetchnikov, N.C. Gerhardt, A. Ostendorf, and M.R. Hofmann, "Digital holographic microscopy for sub-μm scale high aspect ratio structures in transparent materials," Optics and Lasers in Engineering 121, 441-447 (2019); doi: 10.1016/j.optlaseng.2019.05.007.
- [7] V.R. Besaga, A.V. Saetchnikov, N.C. Gerhardt, A. Ostendorf, and M.R. Hofmann, "Performance evaluation of digital holographic microscopy for rapid inspection," OSA Technical Digest, Digital Holography and Three-Dimensional Imaging, Th3A. 10 (2019); doi: 10.1364/DH.2019.Th3A.10.
- [8] V.R. Besaga, A.V. Saetchnikov, N.C. Gerhardt, A. Ostendorf, and M.R. Hofmann, "Near real-time digital holographic imaging on conventional central processing unit," Proc. 3SPIE 11056, 110562I (2019); doi: 10.1117/12.2526112.
- [9] V.R. Besaga, A.V. Saetchnikov, N.C. Gerhardt, A. Ostendorf, and M.R. Hofmann, "Monitoring of photochemically induced changes in phase-modulating samples with digital holographic microscopy," Applied Optics 58 (34), G41-G47 (2019); doi: 10.1364/AO.58.000G41.
- [10] V.R. Besaga, N.C. Gerhardt, and M.R. Hofmann, "Digital holography for evaluation of the refractive index distribution externally induced in semiconductors," Proc. SPIE 11306, 1130608 (2020); doi: 10.1117/12.2544160.
Mitarbeiter:
- Nils Gerhardt
- Navina Kleemann
- Jens Möller
- Leon Zens