Interview mit Jan Barowski - Preisträger VDE-Promotionspreis 2018

Erstellt von Lara Kris­tin Zei­tel | |   Aktuelle Meldungen

Für seine her­aus­ra­gen­de Pro­mo­ti­ons­leis­tung hat Dr.-Ing. Jan Ba­row­ski vom Lehr­stuhl Hoch­fre­quenz­sys­te­me am 08. No­vem­ber den VDE-Pro­mo­ti­ons­preis 2018 er­hal­ten.

In sei­ner Ar­beit „Ra­dar­ba­sier­te Mess­ver­fah­ren für die prä­zi­se orts­auf­ge­lös­te Ma­te­ri­al­cha­rak­te­ri­sie­rung“ be­schäf­tigt er sich mit der Be­stim­mung der elek­tro­ma­gne­ti­schen Ma­te­ri­al­ei­gen­schaf­ten wie z.B. dem Bre­chungs­in­dex oder der Ab­sorp­ti­ons­ra­te ver­schie­de­ner Ma­te­ria­li­en, haupt­säch­lich von Kunst­stof­fen. Dabei wird dann nicht nur eine klei­ne Ma­te­ri­al­pro­be oder eine ört­lich be­grenz­te Mes­sung durch­ge­führt, son­dern es wer­den Al­go­rith­men aus der Ra­dar-Bild­ge­bung an­ge­wandt, um orts­auf­ge­löst Mes­sen zu kön­nen. Das Er­geb­nis ist dann eine Art Foto des Ma­te­ri­als, auf dem nicht die Farbe, son­dern zum Bei­spiel Ein­schlüs­se oder lo­ka­le Stö­run­gen er­kenn­bar sind. Wir haben dem Preis­trä­ger ein paar Fra­gen ge­stellt:

Wo sehen Sie die prak­ti­sche An­wen­dung für Ihre Ent­wick­lung?

Für viele in­dus­tri­el­le Be­rei­che ist die Cha­rak­te­ri­sie­rung von Kunst­stof­fen ein wich­ti­ger Schritt bei der Über­wa­chung der Pro­dukt­qua­li­tät. Wenn zum Bei­spiel die Wand­stär­ke einer Plat­te oder eines Roh­res ge­mes­sen wer­den soll, kön­nen Ra­dar-Ver­fah­ren gut ein­ge­setzt wer­den, da Sie zer­stö­rungs­frei sind. Man muss also kein Loch in das Rohr boh­ren, um mit einem Mess­schie­ber die Dicke zu mes­sen, was ja sonst nur pro­blem­los an der Kante mach­bar wäre. Ge­gen­über Ul­tra­schall und Laser ba­sier­ten Ver­fah­ren haben Radar Mes­sun­gen die Vor­tei­le, dass sie kein An­kop­pel­me­di­um brau­chen, wie beim Ul­tra­schall er­for­der­lich, und dass sie, an­ders als der Laser, auch op­tisch in­trans­pa­ren­te Ma­te­ria­li­en durch­drin­gen kön­nen, bis zu vie­len Zen­ti­me­ter Wand­stär­ke.

Neben der Fer­ti­gungs­tech­nik ist die Cha­rak­te­ri­sie­rung von Ma­te­ria­li­en aber auch für sich ge­nom­men in­ter­es­sant und spielt z.B. bei der Ent­wick­lung von Ra­dar- oder An­ten­nen­sys­te­men eine Rolle. Wenn man, wie bei einer Bril­le, eine Be­ein­flus­sung der elek­tro­ma­gne­ti­schen Wel­len durch eine Linse er­zie­len möch­te, müs­sen die Ma­te­ri­al­ei­gen­schaf­ten genau be­kannt sein, um den ge­wünsch­ten Ef­fekt zu er­zie­len. An­ders­her­um kann es aber auch sein, dass ein Radom be­nö­tigt wird, dass die An­ten­ne zwar vor äu­ßer­li­chen Ein­flüs­sen schützt aber die Ab­strah­lung nicht be­ein­flus­sen soll. Für sol­che grund­sätz­li­che­ren Un­ter­su­chun­gen ar­bei­ten wir im DFG-ge­för­der­ten Son­der­for­schungs­be­reich MARIE (www.​trrmarie.​de) mit vie­len an­de­ren Part­nern zu­sam­men.

Wenn Men­schen von Radar hören, den­ken sie mög­li­cher­wei­se erst ein­mal an mi­li­tä­ri­sche Or­tungs­tech­nik. Hier je­doch wird die Tech­nik für etwas An­de­res ge­nutzt. Worum geht es in Ihrer For­schungs­ar­beit kon­kret?

Radar ba­sier­te Mess­tech­nik ist mitt­ler­wei­le in vie­len in­dus­tri­el­len Zwei­gen und auch beim End­kun­den an­ge­kom­men, das sieht man zum Bei­spiel in Füll­stands­mess­sys­te­men oder dem Ab­stands­ra­dar im Au­to­mo­bil. An un­se­rer Fa­kul­tät hat sich in den letz­ten Jah­ren ein Schwer­punkt im Be­reich in­dus­tri­el­ler Radar Sen­so­rik ent­wi­ckelt, daran ar­bei­ten die drei Lehr­stüh­le für In­te­grier­te Sys­te­me, Elek­tro­ni­sche Schal­tungs­tech­nik und Hoch­fre­quenz­sys­te­me zu­sam­men. Die an un­se­rer Fa­kul­tät ent­wi­ckel­ten Sys­te­me sind Sta­te-of-the-Art und zeich­nen sich durch hohe Prä­zi­si­on und eine kom­pak­te Größe, un­ge­fähr die einer Streich­holz­schach­tel, aus.

In mei­ner Ar­beit habe ich mich aber auf den Be­reich der Ra­dar­si­gnal­ver­ar­bei­tung kon­zen­triert und keine Schal­tun­gen ent­wor­fen. Dabei habe ich mich ins­be­son­de­re mit der Ra­dar­bild­ge­bung be­schäf­tigt und diese mit einem wei­te­ren Be­reich der Hoch­fre­quenz­tech­nik, näm­lich der Ma­te­ri­al­cha­rak­te­ri­sie­rung kom­bi­niert. Diese wird üb­li­cher­wei­se nur mit gro­ßen und teu­ren La­borsys­te­men, so­ge­nann­ten Vek­tor-Netz­werkana­ly­sa­to­ren durch­ge­führt. Durch ihren spe­zi­el­len Auf­bau kann man diese an­hand ver­schie­de­ner Re­fe­renz­mes­sun­gen sehr gut ka­li­brie­ren, so dass sehr ex­ak­te Mes­sun­gen mög­lich sind.

Das Sys­tem, wel­ches am Ende der Ar­beit stand war da­ge­gen ra­dar-ba­siert und damit sehr kom­pakt. In mei­ner Ar­beit konn­te ich zei­gen, dass sich näm­lich auch viele Ra­dar-Sys­te­me auf ähn­li­che Weise ka­li­brie­ren las­sen und damit dann nicht nur die klas­si­schen Ab­stands­mes­sun­gen mög­lich sind, son­dern auch z.B. Ma­te­ri­al­cha­rak­te­ri­sie­rung.

Dar­über hin­aus war es not­wen­dig die ge­mes­se­nen Daten mit­hil­fe von Gra­fik­kar­ten Pro­zes­so­ren zu pro­zes­sie­ren. Das ist not­wen­dig, da sehr viele Ein­zel­mes­sun­gen zur Be­rech­nung eines voll­stän­di­gen drei­di­men­sio­na­len Bil­des durch­ge­führt wer­den. Am Ende war das Sys­tem dazu in der Lage die Mes­sun­gen in Echt­zeit zu einem Bild zu­sam­men­zu­fü­gen.

Hier geht es ja um die Ent­wick­lung einer Kom­bi­na­ti­on zwei­er Mess­ver­fah­ren. Wie sieht so ein Ent­wick­lungs­pro­zess aus?

Zu­nächst müs­sen die ein­zel­nen Al­go­rith­men für sich op­ti­miert und auf das Mess­sys­tem an­ge­passt wer­den. Dazu sind Si­mu­la­tio­nen und auch viele Test­mes­sun­gen im Labor not­wen­dig. Ich habe mich zu­nächst mit der Ka­li­brie­rung des Ra­dar-Sys­tems und der Ma­te­ri­al­cha­rak­te­ri­sie­rung be­schäf­tigt. Ins­be­son­de­re die Ex­trak­ti­on der Ma­te­ri­al­ei­gen­schaf­ten aus den ge­mes­se­nen Daten ist dabei ein kri­ti­scher Punkt. Je nach­dem wie man den Mess­auf­bau wählt, ob man Re­fle­xio­nen oder Trans­mis­sio­nen mes­sen möch­te oder ob bei senk­rech­tem oder schie­fem Ein­fall ge­mes­sen wird, müs­sen die Me­tho­den an­ge­passt wer­den. Nach­dem ich mit dem Ra­dar-Sys­tem sehr exakt die Ma­te­ri­al­ei­gen­schaf­ten einer Probe in einem klei­nen Be­reich er­fas­sen konn­te, war habe ich mich mit der Ra­dar-Bild­ge­bung be­schäf­tigt. Dabei sind be­son­ders die schnel­le Mes­sung und die par­al­lel dazu statt­fin­den­de schnel­le Da­ten­ver­ar­bei­tung wich­tig. Da für jeden Punkt im Ma­te­ri­al-Bild, das am Ende des Pro­zes­ses steht, die glei­chen Be­rech­nun­gen nur auf an­de­ren Tei­len der ge­mes­se­nen Daten ge­macht wer­den müs­sen, bie­tet sich die Ver­ar­bei­tung mit mo­der­nen Gra­fik­kar­ten an, die genau für sol­che Sze­na­ri­en ent­wor­fen sind.

Über den VDE-Pro­mo­ti­ons­preis

Der VDE-Pro­mo­ti­ons­preis wurde 1993 erst­ma­lig durch den VDE Rhein-Ruhr e.V. aus­ge­schrie­ben. Seit 2001 wird er ge­mein­sam durch die VDE Lan­des­ver­tre­tung NRW und dem VDE Rhein-Ruhr, seit 2006 al­lein durch die VDE Lan­des­ver­tre­tung NRW ver­ge­ben. Vor­ge­schla­gen wird je­weils eine Dis­ser­ta­ti­on aus allen Fa­kul­tä­ten in NRW, also Aa­chen, Bo­chum, Dort­mund, Du­is­burg-Es­sen, Hagen, Pa­der­born, Sie­gen und Wup­per­tal.

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