In seiner Arbeit „Radarbasierte Messverfahren für die präzise ortsaufgelöste Materialcharakterisierung“ beschäftigt er sich mit der Bestimmung der elektromagnetischen Materialeigenschaften wie z.B. dem Brechungsindex oder der Absorptionsrate verschiedener Materialien, hauptsächlich von Kunststoffen. Dabei wird dann nicht nur eine kleine Materialprobe oder eine örtlich begrenzte Messung durchgeführt, sondern es werden Algorithmen aus der Radar-Bildgebung angewandt, um ortsaufgelöst Messen zu können. Das Ergebnis ist dann eine Art Foto des Materials, auf dem nicht die Farbe, sondern zum Beispiel Einschlüsse oder lokale Störungen erkennbar sind. Wir haben dem Preisträger ein paar Fragen gestellt:
Wo sehen Sie die praktische Anwendung für Ihre Entwicklung?
Für viele industrielle Bereiche ist die Charakterisierung von Kunststoffen ein wichtiger Schritt bei der Überwachung der Produktqualität. Wenn zum Beispiel die Wandstärke einer Platte oder eines Rohres gemessen werden soll, können Radar-Verfahren gut eingesetzt werden, da Sie zerstörungsfrei sind. Man muss also kein Loch in das Rohr bohren, um mit einem Messschieber die Dicke zu messen, was ja sonst nur problemlos an der Kante machbar wäre. Gegenüber Ultraschall und Laser basierten Verfahren haben Radar Messungen die Vorteile, dass sie kein Ankoppelmedium brauchen, wie beim Ultraschall erforderlich, und dass sie, anders als der Laser, auch optisch intransparente Materialien durchdringen können, bis zu vielen Zentimeter Wandstärke.
Neben der Fertigungstechnik ist die Charakterisierung von Materialien aber auch für sich genommen interessant und spielt z.B. bei der Entwicklung von Radar- oder Antennensystemen eine Rolle. Wenn man, wie bei einer Brille, eine Beeinflussung der elektromagnetischen Wellen durch eine Linse erzielen möchte, müssen die Materialeigenschaften genau bekannt sein, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Andersherum kann es aber auch sein, dass ein Radom benötigt wird, dass die Antenne zwar vor äußerlichen Einflüssen schützt aber die Abstrahlung nicht beeinflussen soll. Für solche grundsätzlicheren Untersuchungen arbeiten wir im DFG-geförderten Sonderforschungsbereich MARIE (www.trrmarie.de) mit vielen anderen Partnern zusammen.
Wenn Menschen von Radar hören, denken sie möglicherweise erst einmal an militärische Ortungstechnik. Hier jedoch wird die Technik für etwas Anderes genutzt. Worum geht es in Ihrer Forschungsarbeit konkret?
Radar basierte Messtechnik ist mittlerweile in vielen industriellen Zweigen und auch beim Endkunden angekommen, das sieht man zum Beispiel in Füllstandsmesssystemen oder dem Abstandsradar im Automobil. An unserer Fakultät hat sich in den letzten Jahren ein Schwerpunkt im Bereich industrieller Radar Sensorik entwickelt, daran arbeiten die drei Lehrstühle für Integrierte Systeme, Elektronische Schaltungstechnik und Hochfrequenzsysteme zusammen. Die an unserer Fakultät entwickelten Systeme sind State-of-the-Art und zeichnen sich durch hohe Präzision und eine kompakte Größe, ungefähr die einer Streichholzschachtel, aus.
In meiner Arbeit habe ich mich aber auf den Bereich der Radarsignalverarbeitung konzentriert und keine Schaltungen entworfen. Dabei habe ich mich insbesondere mit der Radarbildgebung beschäftigt und diese mit einem weiteren Bereich der Hochfrequenztechnik, nämlich der Materialcharakterisierung kombiniert. Diese wird üblicherweise nur mit großen und teuren Laborsystemen, sogenannten Vektor-Netzwerkanalysatoren durchgeführt. Durch ihren speziellen Aufbau kann man diese anhand verschiedener Referenzmessungen sehr gut kalibrieren, so dass sehr exakte Messungen möglich sind.
Das System, welches am Ende der Arbeit stand war dagegen radar-basiert und damit sehr kompakt. In meiner Arbeit konnte ich zeigen, dass sich nämlich auch viele Radar-Systeme auf ähnliche Weise kalibrieren lassen und damit dann nicht nur die klassischen Abstandsmessungen möglich sind, sondern auch z.B. Materialcharakterisierung.
Darüber hinaus war es notwendig die gemessenen Daten mithilfe von Grafikkarten Prozessoren zu prozessieren. Das ist notwendig, da sehr viele Einzelmessungen zur Berechnung eines vollständigen dreidimensionalen Bildes durchgeführt werden. Am Ende war das System dazu in der Lage die Messungen in Echtzeit zu einem Bild zusammenzufügen.
Hier geht es ja um die Entwicklung einer Kombination zweier Messverfahren. Wie sieht so ein Entwicklungsprozess aus?
Zunächst müssen die einzelnen Algorithmen für sich optimiert und auf das Messsystem angepasst werden. Dazu sind Simulationen und auch viele Testmessungen im Labor notwendig. Ich habe mich zunächst mit der Kalibrierung des Radar-Systems und der Materialcharakterisierung beschäftigt. Insbesondere die Extraktion der Materialeigenschaften aus den gemessenen Daten ist dabei ein kritischer Punkt. Je nachdem wie man den Messaufbau wählt, ob man Reflexionen oder Transmissionen messen möchte oder ob bei senkrechtem oder schiefem Einfall gemessen wird, müssen die Methoden angepasst werden. Nachdem ich mit dem Radar-System sehr exakt die Materialeigenschaften einer Probe in einem kleinen Bereich erfassen konnte, war habe ich mich mit der Radar-Bildgebung beschäftigt. Dabei sind besonders die schnelle Messung und die parallel dazu stattfindende schnelle Datenverarbeitung wichtig. Da für jeden Punkt im Material-Bild, das am Ende des Prozesses steht, die gleichen Berechnungen nur auf anderen Teilen der gemessenen Daten gemacht werden müssen, bietet sich die Verarbeitung mit modernen Grafikkarten an, die genau für solche Szenarien entworfen sind.
Über den VDE-Promotionspreis
Der VDE-Promotionspreis wurde 1993 erstmalig durch den VDE Rhein-Ruhr e.V. ausgeschrieben. Seit 2001 wird er gemeinsam durch die VDE Landesvertretung NRW und dem VDE Rhein-Ruhr, seit 2006 allein durch die VDE Landesvertretung NRW vergeben. Vorgeschlagen wird jeweils eine Dissertation aus allen Fakultäten in NRW, also Aachen, Bochum, Dortmund, Duisburg-Essen, Hagen, Paderborn, Siegen und Wuppertal.