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Was im Inneren von Schneelawinen vor sich geht

Erstellt von Merle Passmann | |   Aktuelle Meldungen | Insys

So haben Bo­chu­mer For­scher einen Sen­sor ent­wi­ckelt, der auch dann noch funk­tio­niert, wenn eine La­wi­ne dar­über rollt.

Ein neuer Ra­dar­sen­sor er­laubt Ein­bli­cke in die in­ne­ren Vor­gän­ge von Schnee­la­wi­nen. Ent­wi­ckelt haben ihn In­ge­nieu­re der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bo­chum (RUB) um Dr. Chris­toph Baer und Timo Ja­eschke ge­mein­sam mit Kol­le­gen aus Inns­bruck und Davos. Das Mess­sys­tem ist be­reits an einem Test­hang im Wal­lis in­stal­liert, wo das Schwei­zer In­sti­tut für Schnee- und La­wi­nen­for­schung im Win­ter 2016/17 Mes­sun­gen damit durch­füh­ren möch­te. Die er­ho­be­nen Daten sol­len in Si­mu­la­tio­nen ein­flie­ßen, die das kom­ple­xe Ge­sche­hen im In­ne­ren von La­wi­nen de­tail­liert nach­bil­den. „Was genau pas­siert, wenn sich eine La­wi­ne den Berg hin­un­ter­be­wegt, weiß man nicht, da man sie bis­lang nur von außen be­ob­ach­tet hat“, sagt Chris­toph Baer. Er­kennt­nis­se aus den Si­mu­la­tio­nen könn­ten dazu bei­tra­gen, dass bes­se­re Vor­rich­tun­gen zum Ab­weh­ren von La­wi­nen ent­ste­hen.

Schnee­dich­te mes­sen

Grund­sätz­lich ist be­reits be­kannt, dass La­wi­nen aus meh­re­ren Schich­ten be­ste­hen, die sich wie Fest­kör­per, Flüs­sig­kei­ten oder staub­hal­ti­ge Gase ver­hal­ten. Der neue Sen­sor er­fasst Va­ria­tio­nen der Schnee­dich­te in der Staub­schicht. Die Dich­te hat unter an­de­rem Aus­wir­kun­gen auf den Auf­prall­druck der La­wi­ne, wel­cher maß­geb­lich für ihre Zer­stö­rungs­kraft ist. Nur wenn die Schnee­dich­te be­kannt ist, lässt sich das La­wi­n­en­ge­sche­hen kor­rekt strö­mungs­me­cha­nisch si­mu­lie­ren.

Mit­tels Radar er­fasst das Bo­chu­mer Sys­tem, wie viele Schnee­par­ti­kel sich in der Staub­schicht be­fin­den. Je mehr Schnee ent­hal­ten ist, desto lang­sa­mer brei­tet sich die Ra­dar­wel­le aus. So kön­nen die For­scher Rück­schlüs­se auf die Schnee­dich­te zie­hen und diese in Echt­zeit auf­zeich­nen.

Sen­sor aus Flug­zeugalu­mi­ni­um

Der Sen­sor be­steht aus Flug­zeugalu­mi­ni­um, da er wäh­rend der Mes­sung den enor­men Kräf­ten der La­wi­ne stand­hal­ten muss. Er ist etwa einen Meter lang, 30 Zen­ti­me­ter dick und wiegt 70 Ki­lo­gramm. Eine La­wi­ne hat einen Auf­prall­druck von bis zu sechs Bar. „Das ent­spricht einem Druck von 3,5 Ton­nen – also zwei Autos – auf die Flä­che eines DIN-A4-Blat­tes“, ver­an­schau­licht Baer. „Sie rollt di­rekt über un­se­ren Sen­sor. Es ist eine Her­aus­for­de­rung, dass er an dem Test­mast hän­gen­bleibt und brauch­ba­re Mes­s­er­geb­nis­se lie­fert.“

Die Stu­den­ten Pa­trick Kwiat­kow­ski und Hen­rik Deis bau­ten den Sen­sor im Rah­men ihrer Tä­tig­keit als wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kräf­te am Lehr­stuhl für in­te­grier­te Sys­te­me von Prof. Dr. Nils Pohl. Am glei­chen Lehr­stuhl er­forscht Timo Ja­eschke das ver­wen­de­te Mil­li­me­ter­wel­len-Ra­dar­sys­tem im Rah­men sei­ner Pro­mo­ti­on. Das zu­grun­de lie­gen­de Prin­zip zur ra­dar­ba­sier­ten Dich­te­mes­sung ent­wi­ckel­te Chris­toph Baer in sei­ner Dok­to­r­ar­beit am RUB-Lehr­stuhl für Elek­tro­ni­sche Schal­tungs­tech­nik.

War­ten auf die La­wi­ne

Noch im Jahr 2016 rech­net das Team vom Schwei­zer In­sti­tut für Schnee- und La­wi­nen­for­schung mit ers­ten Schnee­fäl­len im ab­ge­sperr­ten Test­ge­biet Vallée de la Si­onne. Soll­te dort nicht von selbst eine La­wi­ne ab­ge­hen, wird sie am Ende des Win­ters durch eine kon­trol­lier­te Spren­gung aus­ge­löst.

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