THz-integriertes elektronisches Radar

TIGER als Schlüssel für eine nachhaltige Industrie

Große gesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel und die dadurch notwendigen massiven Einsparungen von Treibhausgasen lassen sich häufig nur durch den Einsatz innovativer neuer Technologie nachhaltig lösen. Der Industrie fällt dabei als zweitgrößtem Sektor des Bundes-Klimaschutzgesetzes eine große Verantwortung zu, um die gesetzten Ziele bis 2030 erfüllen zu können. Neben einem Umstieg auf erneuerbare Energien muss dabei auch eine gesteigerte Ressourceneffizienz angestrebt werden.

Eine solche Technologie ist die THz-Technologie, welche als In-Line Sensorsystem in der Herstellung von energieintensiven Produkten wie z.B. Kunststoff-Rohren eingesetzt werden kann. Dabei wird die Rohrwanddicke des produzierten Rohrs bereits im Prozess zerstörungsfrei gemessen und auf ein Minimum geregelt. Dies spart enorme Mengen an Energie und Rohmaterial, welches sonst energieintensiv produziert werden müsste. Darüber hinaus kann durch Nachregelung während der Produktion Ausschuss minimiert werden. Der Einsatz von innovativer THz-Technologie mit ihrer hohen Bandbreite und Auflösung ist hier notwendig, weil sehr dünne Rohre, die einen Großteil der typischen Installationsrohre ausmachen, nur mit Systemen mit ausreichender spektraler Bandbreite auflösbar sind. Zudem erfreuen sich Produkte mit dünnen oder gar mehreren Materialschichten wie z.B. Wasserstofftanks oder Platten- und Schaummaterialien großer Beliebtheit und können nur mit entsprechend hochauflösenden THz-Messsystemen abgedeckt werden.

Sichere und kostengünstige Alternative

Heute werden besonders in diesem Anwendungsbereich jedoch mangels Verfügbarkeit alternativer Verfahren, Sensoren mit ionisierender Strahlung wie z.B. Röntgen oder Beta-Strahlern eingesetzt. In die Erforschung der deutlich sichereren Laser-basierten THz-Technologie sind ebenfalls bereits enorme Forschungsmittel geflossen, jedoch sind im Bereich dieser komplexen konventionellen Systeme leider immer noch signifikante Schwachstellen, auch in Hinblick der Zuverlässigkeit, vorhanden. Zudem sind die Systeme aufgrund ihrer Komplexität im Preisbereich von ca. 100.000 € immer sehr kostenintensiv und dadurch nur für Nischenapplikationen geeignet.
Breitbandige, spektroskopische Informationen und Absorptionsspektren von Produktionsgütern überwachen zu können, ermöglicht zusätzlich ein Erschließen neuer, gesellschaftsrelevanter Applikationen wie z.B. Nahrungsmittel vermessen zu können. Dafür wird ebenfalls eine deutlich höhere Bandbreite als bisher kosteneffizient verfügbar benötigt.

Miniaturisierung durch Puls-THz-Technologie

Es sind bereits Vorarbeiten von anderen Gruppen bekannt, die die Machbarkeit von Pulsquellen mit ca. 600 GHz Bandbreite demonstrieren. Hier wurden jedoch nur rudimentäre Ergebnisse von grundlegender Forschung gezeigt, die die Chips mit externen, sehr großen und kostspieligen Laboraufbauten ansteuern. Ihr volles Potenzial sowie eine sehr gute Signalqualität entfaltet die Technologie jedoch erst, wenn sowohl ein Empfangssystem als auch insbesondere die Taktbasis zur Pulserzeugung ebenfalls nach einem geschickten Konzept (wie z.B. Verwendung der sequenziellen Abtastung mit kohärenten Signalquellen) integriert werden.

Hauptziel des Projekts ist es daher, durch Nutzung von Chip-Technologie breitbandige, kostengünstige THz-Systeme zu entwickeln, die in einem breiten Anwendungsfeld industriell eingesetzt werden können. Es wird erwartet, durch den Einsatz von Puls-eTHz-Technologie anstatt dem FMCW-Verfahren in einem ersten Schritt eine Bandbreite bis ca. 600 GHz zu erreichen und so mit einem verlässlichen und kompakten Mikrochip-basierten Sensor viele industrielle Anwendungsbereiche abdecken zu können.

Der Lehrstuhl für elektronische Schaltungstechnik kann hier insbesondere durch seine Spezialisierung bei der Entwicklung präzisester Messsysteme beitragen. In Kooperation mit anderen Partnern in der Wissenschaft und Industrie wird an industrieller Füllstands- und Durchflussmesstechnik sowie Tomographieverfahren geforscht, wodurch eine breite Expertise von der Systemkonzeptionierung bis hin zur Eigenentwicklung von hochfrequenten Komponenten wie extrem rauscharmen Oszillatoren, hoch-linearen Phasen-Frequenz-Detektoren und schnellsten programmierbaren Teilern besteht. Im Bereich der Pulsradarsysteme besteht breite Erfahrung mit sequenzieller Abtastung, welche durch spezielle, verschachtelte Konzepte auf Basis von Phasenregelschleifen ein deutlich verringertes Phasenrauschen aufweisen und dadurch den klassischen Verfahren hinsichtlich ihrer Performanz überlegen ist.

THZ-Messtechnik als Baukastensystem

Die Innovation besteht darin, die sehr vielfältig einsetzbare THz-Technologie erstmalig komplett auf Mikrochip-Basis zu integrieren und somit industriell einsetzbar zu machen. Es wird dadurch ein immenser Technologiesprung erwartet, da die erzielte Bandbreite bei gleichzeitig industrietauglichem Formfaktor und Robustheit sowie Preisniveau eine Vielzahl an neuen und für die Gesellschaft sehr wertvollen Einsatzmöglichkeiten bietet. 
Der Fokus liegt aber im gesamtheitlichen Ansatz und einem kompletten Systemdesign. Statt nur einzelne Komponenten zu realisieren, ist das Ziel einen „Baukasten“ zu schaffen. Dieser beinhaltet die notwendigen Teilkomponenten, die in einem Demonstrator ein erstes Gesamtsystem ermöglichen. Gleichzeitig soll eine enorme Anschlussfähigkeit für Weiterentwicklungen gewährleistet werden. So kann dank der vielseitig einsetzbaren Basisbausteine auch nach Projektende z.B. mit der Weiterentwicklung von Chip-Technologien oder Einsatz anderer Ansätze wie z.B. Non-Linear Transmission-Lines zur breitbandigen Pulserzeugung die Performanz des Systems sukzessive weiter verbessert werden.

Danksagung

Mit Mitteln der Europäischen Union und des Landes NRW finanziert im Rahmen des Vorhabens EFRE-20800196

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