DFG Sonderforschungsbereich Transregio 87: Gepulste Hochleistungsplasmen zur Synthese nanostrukturierter Funktionsschichten
Der Lehrstuhl für Theoretische Elektrotechnik ist im von der DFG geförderten SFB-TR 87 mit zwei Teilprojekten vertreten:
Teilprojekt C4: Kinetische Simulationen technischer Plasmen im Frequenzbereich von DC bis MW
Projektleiter: Dr. Denis Eremin
Die Eigenschaften plasmagestützter Abscheideprozesse hängen entscheidend von den Flüssen sowie den Energie- und Winkelverteilungen der auf das Substrat auftreffenden Teilchen ab. Im Niederdruckbereich (< 10 Pa) können diese nur kinetisch berechnet werden. Das geplante Projekt wird den in der ersten Phase für die Simulation von kapazitiven Entladungen entwickelten elektromagnetischen Particle-In-Cell-Code weiter ausbauen und einsetzen. Hierbei sollen kinetische Simulationen von RF-, MW- und HPPMS-Entladungen auf Grafikkarten durchgeführt werden. Da MW- und HPPMS-Plasmen aber grundlegend andere Eigenschaften als RF-Plasmen besitzen, müssen neue Algorithmen erarbeitet und implementiert werden. Hierbei werden die alten entweder ergänzt oder vollständig ersetzt. Zur besseren Auflösung der viel dünneren Randschichten müssen adaptive Teilchenalgorithmen auf nichtuniformen Gittern entwickelt werden. Zur Simulation von MW-Entladungen müssen die elektromagnetischen Felder mit Hilfe der FDTD-Methode berechnet werden. Bisher erfolgte dies auf Basis der Darwin-Approximation der Maxwell-Gleichungen. Nachdem die numerischen Werkzeuge umgesetzt, verifiziert und validiert sind, werden die entwickelten Codes zur Analyse der Physik sowie der Optimierung entsprechender experimenteller Anlagen aus allen Projektbereichen des SFB-TR 87 eingesetzt.
Teilprojekt C5: Elektronendynamik magnetisierter Hochleistungsplasmen, speziell HPPMS
Projektleiter: Prof. Dr. Ralf Peter Brinkmann
Viele plasmagestützte Schichtabscheideverfahren, darunter auch High Power Pulsed Magnetron Sputtering (HPPMS), verwenden magnetisierte Hochleistungsplasmen bei niedrigem Druck. In diesem Regime sind fluiddynamische Modelle nicht gültig und müssen durch kinetische Modelle ersetzt werden. Der Stand der Technik wird durch selbstkonsistente Particle-in-Cell/ Monte Carlo Simulationen repräsentiert. Der Aufwand solcher Simulationen skaliert jedoch quadratisch mit der Plasmadichte; im HPPMS-Regime können sie nur für einfache Modellsysteme eingesetzt werden.
C5 will einen alternativen, auch für realitätsnahe HPPMS-Plasmen auswertbaren kinetischen Algorithmus begründen. Dabei steht die Elektronenkomponente im Vordergrund; Ionen und Neutralteilchen sind Gegenstand von Teilprojekt C8. In der abgelaufenen Periode wurden zunächst wichtige Grundlagen erarbeitet. Zum einen wurde ein kinetisches Modell der Elektronendynamik aufgestellt und an ein Ratengleichungssystem für die Ionen und Neutralteilchen gekoppelt. Mit diesem globalen Modell konnte die Elektronenenergieverteilung im aktiven Bereich eines Hochleistungsmagnetrons für realistische Parameterbereiche untersucht werden. Sie stellte sich als betont bimodal heraus, einem kleinen Anteil energetischer Elektronen steht eine dominante thermische Komponente gegenüber.
Für diese thermische Komponente wurde eine kinetische Theorie aufgestellt und mittels umfangreicher störungstheoretischer Rechnungen auf ein formal zweidimensionales, numerisch leicht zugängliches Gleichungssystem abgebildet. Parallel dazu wurde die Interaktion magnetisierter Elektronen mit einer statischen Plasmarandschicht untersucht und daraus adäquate Randbedingungen gewonnen. In der kommenden Förderperiode soll noch ein Monte Carlo-Modell für die energetischen Elektronen realisiert werden. Eine Kopplung der beiden Elektronenmodelle an das von C8 erstellte Schwerteilchenmodell wird erstmals eine effiziente und realitätsnahe Simulation des HPPMS-Prozesses ermöglichen. Damit sollen zum einen fundamentale Phänomene magnetisierter Plasmaprozesse (wie etwa der Cross-Field Transport, die Moden der Elektronenheizung, und das spontane Auftreten der sog. Spokes) aus ersten Prinzipien studiert werden, und zum zweiten eine prädiktive Simulation von für Beschichtungsprozesse maßgeblichen industriellen Anlagen auf deren Größenskalen und Zeitskalen durchgeführt werden.
C5 beschäftigt sich außerdem mit der Plasmarandschichtheorie und mit der modellbasierten Plasmadiagnostik.