Robust, kostengünstig, stromsparend und extrem hochauflösend – so könnte eine neue Generation von FMCW-Radarsystemen aussehen. Den Grundstein dafür legt Timo Jaeschke in seiner Studienarbeit am Lehrstuhl für Elektronische Schaltungstechnik, die am 07. Oktober 2010 mit dem CASSIDIAN Electronics ARGUS Award 2010 ausgezeichnet wurde.
FMCW-Radarsysteme kommen vor allem bei industriellen Anwendungen zum Einsatz. Das berührungslose Messverfahren ermöglicht beispielsweise die Füllstandsbestimmung in speziellen Tanks, in denen Öl oder Chemikalien gelagert werden. Radargeräte dieses Typs strahlen ununterbrochen Sendesignale ab, zeitgleich empfangen und verarbeiten sie Echosignale. Durch eine Veränderung der Frequenz des Sendesignals wird ein Zeitbezug hergestellt. Dies ermöglicht eine Entfernungsbestimmung zwischen einer Antenne im Kopf des Tanks und der Oberfläche der Tankfüllung.
Entfernungsauflösung bislang stark begrenzt
Die Antenne des Radargeräts überwacht den Flüssigkeitspegel im Inneren des Behälters, störend auf ihre Messung wirken sich beispielsweise Einfüllstutzen oder Rührwerkzeuge aus. Herkömmliche Systeme stoßen hier aufgrund ihrer stark begrenzten Entfernungsauflösung an ihre Grenzen. An dieser Stelle setzt Timo Jaeschke in seiner Studienarbeit an: Er entwirft eine Schaltung, die einen zuvor am Lehrstuhl entwickelten Oszillator-Chip ansteuert und dessen Frequenz variiert. Dadurch entsteht eine stabile linear verlaufende Frequenzrampe.
Trennung von Nutz- und Störsignalen
„Je größer die Bandbreite dieser Frequenzrampe, desto höher ist auch die Auflösung“, so Timo Jaeschke. Bei der Messung von Füllständen kann eine hohe Auflösung helfen, in einem Tank mit vielen Einbauten das Nutzsignal besser von möglichen Störsignalen zu separieren. Während derzeitige Radarsysteme Modulationsbandbreiten von üblicherweise 2 GHz aufweisen, kann Timo Jaeschke in seiner Studienarbeit eine Bandbreite von 24,5 GHz und damit eine deutlich höhere Entfernungsauflösung als bisher verfügbare Systeme realisieren.
Neue Generation von Radarsensoren
Die entwickelte Schaltung eignet sich auch als Signalquelle für bildgebende Radarverfahren wie ISAR oder SAR. „Dank der extrem hohen Bandbreite und der daraus resultierenden stark verbesserten Auflösung lassen sich fast fotoähnliche Abbildungen erzielen“, berichtet Timo Jaeschke. Das sei auch für die Automobilindustrie interessant: Die Ergebnisse könnten die Grundlage für optimierte Radarsensoren zukünftiger Fahrerassistenzsysteme bilden.
Breitbandige lineare Frequenzrampen als Signalquelle
Timo Jaeschke studiert Elektrotechnik und Informationstechnik mit Schwerpunkt Hochfrequenztechnik an der Ruhr-Universität Bochum. Die Arbeit mit dem Titel „Realisierung eines Synthesegenerators zur Erzeugung linearer Frequenzrampen mit über 20 GHz Modulationsbandbreite als Signalquelle für ein 80 GHz Millimeterwellen FMCW-Radarsystem“ wurde durch Dr.-Ing. Nils Pohl vom Lehrstuhl für Integrierte Systeme betreut und entstand von Mai bis Juli 2010.
Timo Jaeschke wurde für seine hervorragende Studienarbeit mit dem Titel „Realisierung eines Synthesegenerators zur Erzeugung linearer Frequenzrampen mit über 20 GHz Modulationsbandbreite als Signalquelle für ein 80 GHz Millimeterwellen FMCW-Radarsystem“ im Rahmen des EADS-Professorentags in Ulm mit dem CASSIDIAN Electronics ARGUS Award 2010 ausgezeichnet.
Die von Herrn Jaeschke, unter der Betreuung von Dr.-Ing. Nils Pohl am Lehrstuhl für Elektronische Schaltungstechnik von Herrn Prof. Musch, angefertigte Studienarbeit stellt die Grundlage für zukünftige FMCW-Radarsysteme mit bisher unerreichter Entfernungsauflösung dar. Durch diese Innovation wird es möglich neue Anwendungsgebiete wie z.B. die Prozess- und Qualitätskontrolle zu erschließen, aber auch in den bisherigen Anwendungsgebieten Radarsysteme robuster und genauer zu gestalten.
Jury aus Cassidian-Experten und Hochschulprofessoren
Cassidian, ein Tochterunternehmen des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, verleiht den mit 1.500 Euro dotierten Forschungspreis „Argus“ seit 2003 für herausragende Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlern im Bereich der Nachrichten- bzw. Hochfrequenztechnik. Die Jury aus Cassidian-Experten und Hochschulprofessoren würdigte in diesem Jahr die Arbeiten von insgesamt fünf Studierenden und Absolventen der Universitäten Bochum, Erlangen-Nürnberg, Karlsruhe und Ulm.